Mit misstrauischem Blick und einem maunzenden Fellbündel im Maul schlich die schwarze Katze aus dem Keller, Richtung Deck. Ihr Mutterinstinkt hatte veranlagt, ihre Kinder bloß gut zu verstecken, damit keiner von diesen Verrückten ihnen was antun konnte. Jetzt aber waren ihre Kleinen schon so groß, dass es unmöglich wurde, sie zu bändigen. Andauernd musste sie sie zurück tragen, wenn ein Kätzchen hinter dem großen Mann herlaufen wollte, der als Einziger mal hier runter kam, um ihnen etwas Wasser, oder Sonstiges zu bringen. Der einzige Mann, der nicht gleich durchdrehte, so wie seine komischen Weiber.
Ihre orangefarbenen Augen stierten den Gang entlang, die Pupillen zu kleinen Schlitzen verengt. Es war kein Krawall zu hören. Aber ihre Kleinen hatten es eh noch nicht so mit der Vorsicht und waren bereits an ihr vorbei gehüpft. Mit erhobenem Schwanz lief die schwarze Kätzin bis zum Bug, wo die Fellbündel etwas größeren Platz zum Tollen hatten. Sehr aufmerksam ließ sich Karyu auf die Hinterläufe sinken und beobachtete die teilweise schwarzen, dunklen, grauen oder gestromten Kätzchen. Sechs an der Zahl.

Die Dunkelhaarige stand an Deck, an die Reling gelehnt und hing halb über dieser Absperrung, und beobachtete so die Wellen, die sich immer wieder unter ihr und den Schiff brachen. Abwesend dachte sie irgendwie an nichts, sondern genoss zur Abwechslung mal die warme Sonne, die auf das Schiff hinab schien und die wärmenden Strahlen. Doch jetzt, wo sie schon einige Minuten so stand wurde ihr Kopf warm. Ihre schwarzen Haare zogen die Sonnenstrahlen magisch an, und wenn sie sich auf den Kopf packte, dann war es dort wirklich erstaunlich heiß. Als sie ein leises tapern hörte drehte sie sich um und lehnte sich mit dem Rücken an die Reling, um sehen zu können, wer denn da nun erschien. Ihr Blick zog ihre Bahnen über das Deck, doch sie konnte niemanden erkennen. Hatte sie sich verhört? Stirnrunzelnd packte sie sich nochmal an ihren sehr heißen Kopf, Sonnenstich? Eigentlich ja nicht. Erst als ihr Blick unten angelangt war, konnte sie sehen was das Geräusch, das sie sich nicht eingebildet hatte!, verursacht hatte. Katzen. Und das ganz viele. Unsicher sah sie zur anderen Seiten des Deck, doch da war niemand. Anscheinend waren alle in der Kombüse oder in ihren jeweiligen Zimmern. Und hier herrschte eine Katzeninvasion. Vorsichtig schlich sich Faite auf Zehenspitzen an die Katzen heran. Hatte sie es also doch geschafft und ein paar Freunde auf IHR Schiff eingeladen? Das konnte sie nicht zulassen ... ! Im Vorhaben Karyu mal so richtig die Meinung zu sagen, blieb sie kaum einen Meter von ihrer Meute stehen und dann wurden ihre Augen ganz groß.

"Ohhhhh mein Gooooottt!"

Ihre Stimme war äußerst hoch und klang sehr entzückt. Begeistert ging sie in die Knie und wiegte ihren Kopf hin und her. Es waren gar keine Freunde von Karyu, es waren ihre Babys. Ach, war das niedlich!

"Wuhhaaa, kommt alle her, sie siiiiind soooooooo süüüüüüüüüüüüß!"

Vorsichtig streckte sie eine Hand nach einer der kleinen Babykätzchen aus und fing an mit ihr zu spielen.

Still auf einem Stuhl in seinem Zimmer sitzend, starrte Kají auf die teilweise sehr zerfledderten und vergilbten Zettel. Eigentlich gab es keinen genauen Grund, warum er sie rausgeholt hatte … gab es meistens nie. Hin und wieder sah er sie einfach nur an. Tief durchatmend schob er die Blätter wieder in die unterste Schublade, ganz nach hinten. Ein paar Mal tippte er unruhig mit einem Stift auf dem Holz herum, dann blickte er hinter sich über die Schulter. Ob er sich einfach so zu den anderen und in ihre Nähe wagen konnte? Seit dem Geschehnis vor vier Tagen hatte sich äußerlich nicht viel verändert. Man hätte sagen können, dass alles wie immer war. Doch gefühlsmäßig sah das ganz anders aus. Und er wusste nicht damit um zu gehen, ebenso wenig wie sie. Sie waren eben nicht wie Levi und Yukí.
Ein Schrei riss ihn aus seinen Gedanken und automatisch sprang Kají auf. Gleich mit dem Schlimmsten rechnend, riss er die Tür auf, dann folgte aber schon dieses „kommt alle her, sie sind so süß!“ Der Rothaarige runzelte leicht die Stirn. Noch verstand er nicht, was Faite meinte, aber immerhin schien nichts Schlimmes passiert zu sein. Das beruhigte ihn schon mal.
Vorsichtig tappte Kají über Deck, um eine Ecke und staunte nicht schlecht, als er ziemlich viele, kleine Katzen vor sich rumwuseln sah.

„Wo kommen die denn her?“,

fragte er eigentlich unsinniger Weise und erblickte erst dann Karyu, die abseits saß und Faite Mörderblicke zuwarf, die am Boden hockte und mit einem Kätzchen spielte. Nur langsam näherte er sich ihr, blieb wieder stehen und sah an sich herunter. Eine grauschwarzgestromte Fellkugel wuselte ihm grade über die Füße und strich an seinen Beinen entlang.

Mit einem Ellenbogen auf den Tisch gelehnt hing Yukí über einem Buch der Navigation und konzentrierte sich auf die Buchstaben. Wow, wie lange hatte sie das nicht mehr gemacht? Da war man so mit anderem beschäftigt gewesen und nie Zeit für die anderen, wichtigen Dinge des Lebens gehabt. Gerade wollte sie umblättern, als sie aus den Augenwinkeln erkannte, das etwas auf sie zugeflogen kam. Da sie aber nicht wusste, was es war, hielt sie brav still. Und – zack – traf sie etwas nicht gerade hartes am Kopf. Verwirrt blinzelnd schaute sie auf den Schreibtisch, wo nun ein Papierkügelchen lag. Verwirrt hob sie wieder den dunklen Blick und schaute zum Bett. Eine Augenbraue hoch ziehend griff sie nach der kleinen Kugel und warf sie dem Schwarzhaarigen entgegen.

“Das ist nicht nett!“

Mit einem Seufzen steckte sie ein Stück Papier zwischen die Seiten und klappte das Buch zu. Immer musste er beschäftigt werden! Mit einem Lächeln schob Yukí den Stuhl zurück und erhob sich in gewohnter Gelassenheit. Nur manchmal.. fiel sie von ihr ab. Aber naja. Mit langsamen Schritten bewegte sie sich aufs Bett zu, stellte ein Knie aufs Bett und wollte sich gerade zu dem Schwarzhaarigen beugen, als von draußen ein Schrei ertönte. Oh man,. was hatte sie den nun schon wieder? Mit einem entschuldigendem Blick neigte sie den Kopf zur Seite und stupste ihrem Levi gegen die Stirn. Ja, ihrer!

“Kommst du mit gucken, was sie nun schon wieder hat?“

Ohne auf eine Reaktion zu warten schnappte sie nach der Hand des Schwarzhaarigen und zog ihn mit sich. Während sie sich auf Faite zu bewegte, drehte sie sich aber auch immer wieder zu Levi um, als fürchtete sie, dass da gleich ein wildes Biest um die Ecke gesprungen kam und ihn anfiel. Um die Ecke biegend blieb sie dann doch stehen und blinzelte zu Faite und ihrem Bruder. Beide waren anscheinend vom Boden begeistert. Na toll? Jetzt doch ausnahmsweise Levis Hand loslassend schritt die Braunhaarige die letzten paar Meter auf die beiden zu, schaute erst sie an, und dann fiel ihr Blick auf den Boden.

“Oh Scheiße!“

Beide Hände an die Wangen drückend breitete sich ein strahlendes Grinsen auf ihren Lippen aus.

“Oh mein Gott sind die süüüüüüß! Kleine Babys! Levi guck mal!“

Mit einem weiteren Schritt war sie bei Kají und hockte sich zu seinen Füßen nieder, um das Tierchen zu streicheln, dass um seine Beine strich.

Das Wurfgeschoss floog und traf sein Ziel. Natürlich was hätte man auch anderes erwarten sollen? Yukís nichtvorhandene Reaktionsgeschwindigkeit stellte sich einmal mehr unter Beweis. Ein Grinsen legte sich auf seine Lippen, als sie sich aber sogleich wie auf Knopfdruck erhob und zu ihm gedackelt kam. Das war schon besser. Auch wenn sie so nachdenklich und konzentriert auch mal sehr attraktiv aussehen konnte. Doch bevor es für ihn noch etwas angenehmer werden konnte, grellte ein Schrei über das Schiff, welcher Yukís Aufmerksamkeit stahl. So blieb ihm nur der Stupser gegen die Stirn. Auch alle weiteren Reaktionen wurden ihn genommen, da seine Freundin ihn gleich weiterzog. Mit einem leichten Murren ließ Levester sich also kommentarlos ziehen. Aus der Ferne klangen komische Laute, aus denen sich noch das Wort "süß" herausfiltern ließ, gleich gefolgt von einem "Oh, Scheiße." Seiner Freundin, das sich dann ebenfalls in ein hysterisches "Süüüß" entwickelte. Wie sollte das alles nur zusammen passen?
Mit einem weiteren Blick war ihm alles klar. Die Katzenbabys. Karyu hatte tatsächlich diesen nahezu kamikazeartigen Akt gewagt und sie ans Tageslicht gebracht. Während Faite und Yukí also zerschmolzen und Kají etwas komisch in der Gegend rumstand, verschränkte Levester die Arme.

"Ihr seid solche Mädchen.",

war sein einziger Kommentar auf die Massenhysterie. Mit ruhigen Schritten näherte er sich der schwarzen Katze, die abseits saß und nun auch Yukí die tödlichsten Blicke zuwarf.

"Na, Karyu? Hast du sie endlich hoch gelassen? Pass nur auf, dass du das nicht bereust."

Er lehnte sich an die Wand und ließ den grauen Blick lächelnd zu seiner Freundin schweifen.

Sie war absolut begeistert. Einfach hin und weg. Vor Entzückung war es ihr gar nicht anders möglich als die ganze Zeit breit zu grinsen. Auf dem Boden hockend spielte sie mit einem der kleinen Katzenbabys, das immer wieder interessiert ihre Finger angriff, während Faite ihre Hand immer wieder schnell wegzog. Kurz nach ihrem Ausruf erschienen auch schon die Anderen. Erst Kají, den sie mit einem kurzen begeistertem Blick begrüßte, dann kam Yukí, die Levi im Schlepptau hatte. Munter mit den Fingern auf dem Boden rumtippend lachte sie nur bei den Worten von Levester.

„Wir sind ja auch Mädchen!“

Ihre bräunlichen Augen huschten kurz zu Kají.

„Außer Kají.“

Dann lachte sie herzhaft und vergnügte sich wieder mit ihrem liebsten Katzenbaby. Ohne auf die anderen zu achten, setzte sie sich nun in den Schneidersitz auf den Boden und nahm das kleine Tier hoch, setzte es sich in den Schoß und streichelte es begeistert.

„Ich nenne sie…Uyrak!“

Sie ignorierte Karyu dabei völlig und bemerkte deswegen auch nicht ihre absolut tötenden Blicke, die sie bestimmt getötet hätte, wenn sie töten könnten und wenn Faite sie gesehen hätte.

Draußen war mal wieder Krawall. Und er konnte nicht mehr schlafen. Wie immer. Egal, wie oft er die Augen wieder aufeinander presste, sie wollten nicht zu bleiben. Irgendwann erhob er sich genervt, stieg wütend und schnell in seine Klamotten und stürmte aus seinem Zimmer. Irgendwann war ja auch mal genug, er war ja wirklich geduldig gewesen, aber nie ließen sie ihn ausschlafen. Nie nahmen sie rücksicht auf ihn. Nie, nie, nie. Wütend stapfte er über das Boot, auf der Suche nach der Lärmquelle. Und fand sie. Das sonst so hübsche Gesicht des Blonden verdunkelte sich.

„Ihr...!"

Meinte er. Er hob die Hand und zeigte auf die kleine Gruppe. Der Himmel um ihn herum schien sich zu verdunkeln. Seine Stimme war tiefer als sonst. Irgendwie wirkte er beängstigend. Für eine Sekunde. Dann entdeckte er die Katzenbabys.

„Oh... Oh mein GOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOTT!"

Mit schnellen Schritten stürmte er zu den anderen und warf sich auf die Knie. Er betrachtete die kleinen Tiere aus riesigen Augen. Die glänzten und funkelten. Und wer ihn genauer ansah konnte schon ahnen, mit was das enden würde.

„Oh nein, oh nein, oh nein. Seid ihr süüüßis. Ja ihr seid Süßis. Solche Süßis!"

Seine Stimme war jetzt mindestens zehn Oktaven höher als zuvor und auch sein Gesicht hatte sich erhellt. Die Hand, die kurz davor noch drohend auf seine 'Mitbewohner' gezeigt hatte war jetzt zu einem Zeigefinger geformt, der abwechselnd auf die Katzenbabys zeigte und sich immer wieder krümmte.

„Oh. Dutzi, dutzi, dutzi, Ja, bist du lieb. Ja, dutzi schnutzi. So süß."

Er verzog sein Gesicht auf eine komische Art, auf die man es eben verziehen musste, wenn man solche Geräusche machte. Er ahnte nicht, wie lächerlich er dabei wirkte.

Es dauerte keine Minute, schon waren auch Yukí und Levester da. Seine Schwester drückte sich mal wieder seltsam aus - wieso Scheiße? - und war dann aber natürlich genau so begeistert, wie Faite. Der Rothaarige blinzelte kurz, als Yukí schließlich direkt vor ihm hockte und das Tierchen begrabbelte, dass da auf seinen Füßen stand. Kajís Blick huschte zu Levester, der wie immer alles etwas gefasster sah. Er musste grinsen, wandte dann aber auch schon den Kopf herum, als Faite auflachte. Ein bisschen länger ruhten seine grünlichen Augen auf ihr - er meinte sie lange nicht mehr so lachen gehört zu haben. Sie sah ... schön aus, wenn sie sich freute. Er lächelte und schüttelte nur amüsiert den Kopf. Uyrak.
Als Kají grade überlegte, ob er sich auch zu den Kätzchen hinhocken sollte, - er hatte in seinem Leben nie viel mit Tieren zutun gehabt und wusste nicht so genau, wie er mit den zerbrechlichen Katzenbabys umgehen sollte - kam plötzlich Tiberias um die Ecke gedüst. Der Rotschopf runzelte leicht die Stirn, irgendwie sah er nicht so begeistert aus, aber dann ... Seine Augen weiteten sich ein bisschen und ganz automatisch lehnte sich Kají etwas zurück. Jetzt fing der Blonde auch noch an zu quietschen! Und was er dabei von sich gab ... Ihm rann ein kalter Schauer über die Arme.

"Tiberias, manchmal machst du mir echt Angst."

Vor sich hin grinsend fuhr Yukí immer wieder mit den Fingen durch da struppige Fell des kleinen Tieres, das sich noch immer zu den Füßen ihres Bruders befand. Oh Gott! So süß! Sie hätte sie am liebsten alle auf den Arm genommen und durch geknuddelt. Aber wahrscheinlich hätte die Mama sie dann getötet.. naja. Ihr dunkler Blick wandte sich nach hinten, ihr Freund wurde auch mit diesem Grinsen angesehen. Aber etwas anderes lag noch in ihrem Blick. Ein kurzes Lachen.

“Wäre es dir lieber, wenn wir Jungen wären?“

Ein kurzes Zwinkern und sie wandte sich wieder der kleinen Katze zu, hob sie vorsichtig hoch. Sie war so klein und wirkte unglaublich zerbrechlich. Ruhig blickte sie dem kleinen Tier in die großen Augen, strich mit den Daumen sachte durch das dunkle Fell. Die waren einfach zu niedlich. Auf Faites komischen Namensvorschlag hin hob sie eine Augenbraue und blinzelte ihre Freundin an.

“Und mir wird gesagt, ich bin unlogisch.“

Und schon im nächsten Moment schrie jemand. Eklig hoch. Ihr Blick huschte kurz zu Levi, der vollkommen ruhig an der Wand lehnte. Hm.. Irgendwie.. Ihre Augen verengten sich.

“Du wußtest das, stimmts?“

Ein gespielt böser Blick, ehe sie sich an Tiberias wandte.

“Du Mädchen!“

Sie nickte sich selbst zu, erhob sich dann mit der Katze auf dem Arm. Zuerst hielt sie sie Kají vors Gesicht. Sie grinste ihrem Bruder breit entgegen. Und selbst er lächelte. Zumindest hatte er das, bis Tiberiasline angekreischt gekommen war. Egal, sie hielt ihm also die Katze vors Gesicht und ließ sie leicht hin und her wackeln.

“Süß, oder?“

Mit einem letzten, strahlendem Blick in die Augen des Rothaarigen machte sie einige Schritte auf Levi zu. Ihm trat sie etwas näher als Kají und hielt zwischen sich die Katze halb vor ihr Gesicht. Yukí musste nur noch breiter grinsen, als diese miaute.

“Ist die nicht wie Zucker? Ich glaube, ich behalte sie!“

Und ganz viele Ideen für Namen schwirrten ihr auch schon im Kopf herum.

Auf Faites Worte rümpfte Levester kurz die Nase und sah zu Yukí, die auch noch ihren Kommentar dazu kund gab.

"Naja, wenn ich als Mädchen dargestellt werde, wäre es durchaus praktisch, wenn du ein Junge wärst.",

erklärte er und dann kam schon Tiberias angekreischt. Oh Gott, hatte der Helium geschluckt? Der Schwarzhaarige sah den Blonden nicht minderer verstört an, wie Kají. Dann hielt er sich eine Hand vor das Gesicht und schüttelte den Kopf.

"Tiberias, du bist peinlich. Eine Beleidigung für alle Männer."

Levester seufzte theatralisch und verschränkte die Arme.

"Aber wenn du auch ein Mädchen bist ... Kají, es wird gefährlich für dich, als einziger Mann auf dem Schiff."

Dann kam Yukí zu ihm hinüber getappt und hielt ihm ein armes, kleines Kätzchen fast ins Gesicht. Als es dann auch noch maunzte, nahm er ihr das winzige Ding vorsichtig aus der Hand, in eine gemütlichere Position, bevor es noch anfing zu zappeln und Karyu seiner Freundin in die Haare sprang.

"Euch ist klar, dass wir in ein paar Monaten 7 ausgewachsene Katzen hier auf dem Schiff rumlaufen haben? Geschlechtsreife Katzen? Und das werden sicher nicht alles Weibchen sein."

Sie hörte es eigentlich nur. Ein lauter Aufschrei, voller Entzückung. Langsam drehte sie sich um, um diesem Schrei auf die Spur zu gehen, da war Tiberias auch schon da und kaum zu bremsen. Die Augenbrauen der Dunkelhaarigen zogen sich für einen Moment kurz fragend hoch, bevor sie innerlich mit den Schultern zuckte und dieses Verhalten in "Eigentlich nicht mehr normal, aber das geht noch" einstufte. Sie verstand diese Begeisterung von Tiberias natürlich - auch wenn sein Benehmen (als Mann) seltsam sein mochte. Anstelle noch irgendetwas zu sagen, grinste sie einfach nur kurz in Richtung des Blondhaarigen, und streichelte dann weiter begeistert das kleine süße Kätzchen, dass sich in ihrem Schoße befand. Es war so unglaublich niedlich.
Sie drehte sich leicht in ihrem Schneidersitz, samt Kätzchen, damit sie die anderen besser im Blick hatte und musterte dann Levester.

"Och, lass ihn doch! Nur weil du nicht so begeistert sein kannst!"

Ein breites Grinsen enttarnte diese Aussage als spaßige Mittleiung, keinesfalls als Anschuldigung oder sonstiges. Yukí ließ inzwischen mit einem schuldlosen Kätzchen vor hrem Gesicht herum und zeigte sie so Levi samt Kají. Bei Levis Aussage neigte sie leicht ihren Kopf zur Seite.

"Na und? Das sind Geschwister! Das wär' doch Inzucht! Und sowas machen so süüße kleine Katzen nicht."

Plötzlich stand Yukí wieder und wedelte mit dem armen Tierchen direkt vor seiner Nase herum. Kají sah das Kätzchen etwas skeptisch an und glaubte nicht, dass es so begeistert davon war, so durch die Gegend geschleppt zu werden. Aber da war seine Schwester auch schon weiter zu Levester und hielt ihm das Tierbaby vor das Gesicht. Und der Schwarzhaarige rettete es dann. Auf seinen Kommentar zu ihm, blieb er still, sah Levester nur kurz etwas ausdruckslos an. Nein, da wollte er gar nicht weiter drüber nachdenken. Nein … wirklich nicht.
Während die anderen also weiter darüber diskutierten, was mit den Kätzchen geschehen sollte, spürte der Rothaarige wieder, wie ihm etwas um das Bein strich. Etwas zögerlich ging der junge Mann in die Hocke, hatte die Arme dabei aber verschränkt und sah das Katzenkind etwas verständnislos an. Er konnte wirklich nicht so gut mit Tieren umgehen. Aber das schien dieses silbergetigerte Kätzchen mit ganz schwarzem Rücken nicht wirklich zu interessieren. Es lehnte sich mit den tapsigen Pfötchen gegen sein Knie und streckte die Schnauze zu ihm hoch. Kají, die Arme immer noch verschränkt beugte sich ebenfalls etwas weiter nach unten, machte die kleine Katze einfach nach, bis seine Nase direkt vor dem Gesicht der Kleinen war. Ganz niedlich waren sie ja schon, mit ihrem runden Gesicht, den großen, neugierigen Augen und diesen langen, langen Schnurrhaaren, die ihn jetzt doch ein wenig kitzelten, wo die Katze an ihm rumschnupperte.

Kaum hatte die Braunhaarige das Kätzchen vor das Gesicht ihres Freundes gehalten, nahm er es ihr auch schon weg. Yukí hob eine Augenbraue, ließ die Arme hängen und warf Levi einen vorwurfsvollen Blick zu. Pah! Als wenn sie die kleinen fallen lassen würde! So viel Verantwortung besaß sie noch, auf die kleinen, süßen aufzupassen. Sie verstand Tiberias’ Reaktion.. auch wenn er das übertrieben ausgedrückt hatte.

“Sie sind aber viel zu niedlich, um sie weg zu geben! Und Karyu würde das bestimmt auch nicht toll finden. Und was ist, wenn jemand sie kriegt, der sie ganz schlecht behandelt?!“

Sie nickte ernst und drehte sich dann zu Faite, die auch mit Worten gegen ihren Freund hielt. Hah! Da konnte er ja nur verlieren! Nach einer kurzen Anspielung auf Levis „nicht vorhandene Begeisterung“, folgte dann noch etwas über das „nicht behalten“. Inzucht.. dann hätten sie halt noch mehr Katzenkinder.

“Platz ist außerdem genug da. Und so hat man immer eine Beschäftigung.“

Mit einem ernsten Nicken richtete sich der Blick der Braunhaarigen auf ihren Bruder, der eines der kleinen von ganz nah betrachtete. Vorsichtig, um ihn nicht zu erschrecken, trat Yukí hinter den Rothaarigen, pattete ihm auf den Rücken.

“Was sagst du dazu, großer Bruder? Du findest sie bestimmt auch zuckersüß, oder?“

Sie konnten die doch nicht weg geben!

Noch mit dem Kätzchen auf dem Arm wandte sich Levester zu Faite um und zog leicht eine Augenbraue hoch.

„Ich behalte mir vor meine Begeisterung nicht SO aus zu drücken.“

Außerdem … waren das halt Tierbabys. Die blieben nicht immer so klein und niedlich. Vielleicht war das ein gutes Gegenargument? Aber erst einmal musste er Faites recht dämliche Behauptung verdauen. Süße Kätzchen betrieben keine Inzucht, wenn sie Geschwister waren. Ah ja. Er sah die Schwarzhaarige noch ein wenig verständnislos an, aber dann bekam diese auch noch Zustimmung von seiner Freundin! War ja mal wieder klar. Frauen! Und auch Yukís Argumente waren nicht grade die Schlagfertigsten. Er fragte sich, wie viel Ahnung wohl beide von Tieren hatten. Der Schwarzhaarige würde sich da nicht als Meister bezeichnen, aber immerhin hatte er schon mit welchen gelebt und als Arzt … war man halt schlau.

„Ist euch bewusst, dass diese Kätzchen nicht immer klein bleiben werden? Die werden alle schon bald so groß sein wie Karyu und nicht mehr süß und lieb. Wenn ich daran erinnern darf, wen sie als Mutter haben … nichts gegen dich Karyu. Und außerdem wird sie sich nicht ihr Leben lang um sie kümmern.“

Levesters Blick folgte Yukí zu ihrem Bruder, der sich grade noch am Boden abstützen konnte, als sie ihm auf den Rücken klopfte. Sehr bedacht war das nicht von ihr gewesen, in seiner Position. Aber immerhin hatte er das Tierchen nicht zerquetscht.

Das war doch mal zur Abwechslung eine tolle Überraschung. Nicht oft hatten sie so was tolles an Bord, oder überhaupt mal etwas Abwechslung. Vor allem wenn sie auf See waren konnten die Tage unglaublich langweilig sein, und sich unendlich in die Länge ziehen... aber nun hatten sie ja Katzenbabys! Das würde alle beanspruchen, sie würden sich alle um die kleinen Tierchen kümmern müssen und die Tage auf langweiliger hoher See würden wie im Fluge vergehen! Das war doch super - Beschäftigungstherapie für taten- und leidenschaftslose Piraten auf dem Meer. Diese Katzen schickte der Himmel!
Vorsichtig erhob sich die Langhaarige samt Kätzchen im Arm langsam, richtete sich vorsichtig auf und hielt das Miniwesen etwas von sich entfernt, während es leicht maunzte. Sie waren unglaublich niedlich, das gab es gar nicht. So verzückt waren sie alle wahrscheinlich lange nicht mehr gewesen.

"Du bist einfach viel zu ernst!" ,

waren ihre Worte an Levi, bevor sie Yukí und Kají beobachtete. Der Rotschopf hockte in seltsamer Pose vor einem weiteren Kätzchen. Yukí war hinter ihm und klopfte ihm plötzlich auf den Rücken. Überrascht konnte sich Kají gerade noch so mit seinen Händen abstützen und so das Tier nicht zermatschen, sie währenddessen verkrampfte leicht ihre Hände und so wurde der Griff um das putzige Tierchen enger. Diese wollte sich diese Behandlung wohl nicht gefallen lassen und fing an zu strampeln. Faite aber war damit beschäftigt Kají und Yukí und Kätzchen zu beobachten, und erst als das Kätzchen die Krallen aus fuhr um ihre Hände zu malträtieren, damit sie lockerer ließ, bemerkte sie, dass sie das Tier viel zu fest in ihren Händen hielt. Also lockerte sie den Griff. Leider etwas zu viel. Ohne noch großartig reagieren zu können entglitt ihr die Katze. Sie versuchte noch nach ihm zu greifen, (gab dem Tier damit noch eine gewissen Rotation) und dann war da ein dumpfes Geräusch, begleitet von einem ziemlich leisen Knacken, direkt vor ihren Füßen.

"Ohh Gott!"

Gewaltig erschrocken ging sie blitzschnell in die Hocke und hob das Tierchen, welches sich irgendwie kaum bewegte, wieder auf. Vorsichtig streichelte sie es über den Kopf, der jedoch seltsam ... locker? ... auf den kleinen Schultern der Katze saß. Behutsam schüttelte sie Uyrak leicht. Doch es bewegte sich nicht. Atmete es noch?
Tränen schossen ihr in die Augen, und ihr Herz erlitt eine leichte Rhythmusstörung, als sie bemerkte, was sie getan hatte. Mit glitzernden Augen blickte sie zu den anderen. Aus ihrer Stimme sprach pure Verzweiflung.

"Ich hab' es tot gemacht."

Sie hatte das doch gar nicht gewollt. Sie versuchte immer noch es an zu stupsen, es irgendwie dazu zu animieren, etwas zu machen, um zu zeigen, dass es doch noch am Leben war... aber. Sie hatte es getötet. Sie war eine Mörderin. Da war es vorbei mit der Freude über die süßen Kleinen - sie hatte sie umgebracht.

Kají war nicht darauf gefasst gewesen, dass Yukí plötzlich hinter ihm stand und auf seinen Rücken klopfte. Er spürte, wie er ziemlich schnell sein Gleichgewicht verlor und nach vorne kippte, direkt auf das arme, kleine Kätzchen zu. Keine andere Möglichkeit sehend, streckte er die Arme nach vorne und knallte mit den Händen auf den Boden. Ein sehr schmerzhaftes Ziehen ging durch seine Arme, zog sich auch durch seine Brust und Kají biss die Zähne mit aller Macht aufeinander, um keinen schmerzhaften Laut von sich geben zu müssen. Mit leicht zitternden Muskeln drückte er sich wieder zurück, um sich in eine sitzende Position zu bringen. Die Hände etwas anziehend neigte er den Kopf nach oben, um seine Schwester etwas sehr schräg und gezwungen an zu lächeln.

„Ja, sehr süß, wirklich.“

In dem Moment ertönte wieder ein Schrei, der dieses Mal allerdings überhaupt nichts mit Verzückung zutun hatte. Seine grünlichen Augen flogen zu Faite herum, die grade in die Hocke ging und ein ziemlich leblos aussehendes Fellbündel hochhob. Ihm wurde augenblicklich etwas kälter. Oh, nein. Das sah … nicht gut aus. Das Kätzchen, das er grade fast zermatscht hatte, hatte sich umgedreht, machte einen Buckel und starrte zu Faite hinauf. Kají wollte irgend etwas sagen, vielleicht war es ja gar nicht tot und Levi konnte noch helfen, aber … die Worte blieben ihm im Halse stecken. Das Kätzchen wirkte nicht so, als gäbe es noch irgend etwas zu retten. Betreten richtete sich sein Blick auf den Boden, eine Hand hielt das andere Handgelenk fest.

Ein wenig zu ihrem Bruder hinunter gebeugt betrachtete sie das kleine Wesen, dass den Rothaarigen im Gesicht schnupperte. Wie konnte Levi die nur weg geben wollen? Das war.. nicht fair! Wirklich nicht. Mit grimmigem Blick drehte sie dich kurz zu Levi, streckte ihm dir Zunge einen Moment raus.

“Ich behalte sie aber! Mindestens eins! Oder was würdest du sagen, wenn jemand dir dein Kind wegnehmen würde?“

So, der hatte gesessen, da konnte ihr Freund einfach nicht gegen halten! Und schon wandte sie den Blick wieder auf Kají, der ein wenig komisch da hing. Aber.. er wirkte nicht glücklich. Yukí zog fragend eine Augenbraue hoch, neigte den Kopf schief. Und.. er klang auch nicht.. soo begeistert. Musste sie sich das nun zu Herzen nehmen? Und irgendwie.. sah er aus, als wenn er Schmerzen hätte.. Ein kurzer Blick zu seinen Hand.. gelenken.. Oh nein!

“Es.. tut mir Leid..! Das wollte ich nicht.. wirklich nicht!“

Gerade wollte sie ihrem Bruder eine Hand hinhalten, um ihm auf zu helfen, als sie einen doch recht weiblich klingenden Schrei vernahm. Faite, die eben noch ein Mal auf Levi herum gehackt hatte, hob etwas auf. Etwas.. lebloses. Yukís Augen weiteten sich einen Moment, als sie erkannte, WAS dort in den Händen ihrer Freundin lag. Ein.. Katzenbaby.. Mit einigen Schritten war sie bei der Schwarzhaarigen, die nun ein Kommentar von sich gab, was sie nicht wirklich glauben wollte. Das durfte nicht sein..! Nein! Ganz vorsichtig stupste Yukí die kleine Katze an, zupfte ihr ein Mal am Ohr. Keine Reaktion.

“Leviiiii..!“

Ihre Stimme wurde höher, fordernder.

“Mach was!“

Sie stupste die Kleine noch Mal an, berührte ihren Kopf. Aber es geschah irgendwie nichts.. Mit Tränen in den Augen hob sie den Blick zu Faite, bei der sie recht nah stand. Sie hatte ein Kätzchen umgebracht. Ein armes, unschuldiges, zuckersüßes Katzenbaby.. tot.

“Was.. machen wir den jetzt?!“

Levester beobachtete immer noch die Aktion Kajís bei Yukí. Das schien nicht sehr glücklich gelaufen zu sein, er beobachtete den Rothaarigen noch kurz etwas skeptisch. Dass das ziemlich wehgetan haben musste, konnte er sich vorstellen, nur hoffentlich war nichts wieder aufgerissen. Wirkte glücklicher Weise nicht so. Er wollte grade wieder etwas auf Yukís äußerst provokante Anspielung erwidern – immerhin war das Lebensverhältnis zwischen Katzen und Menschen doch recht unterschiedlich – da ertönte ein Schrei. Und schon als er zu Faite blickte und diese etwas aufhob, ahnte er, dass der Nachmittag damit schon wieder gelaufen war. Der Schwarzhaarige schloss kurz die Augen, atmete tief durch und verkniff sich jeden Kommentar. Karyu neben ihm fauchte laut und eilte zu der Schwarzhaarigen hinüber, bei der grade auch Yukí angekommen war. Unglücklich rufend wurde nach ihm verlangt und mit einem Seufzen begab sich Levester auch zu der kleinen Versammlung, vorher das Kätzchen auf seinem Arm absetzend. Behutsam nahm er Faite das leblose Katzenbaby aus der Hand, wobei er nicht glaubte, noch etwas tun zu können. Es musste ziemlich unglücklich gefallen sein. Das Köpfchen war etwas locker, ein bisschen Blut klebte im Maulwinkel. Besser, wenn er das tote Tierchen jetzt bei sich behielt.

„Da können wir leider nichts machen …“

Er ging leicht in die Hocke und hielt Karyu das Kätzchen hin, um sie daran schnuppern zu lassen. Die Katzendame witterte kurz, stellte den Tod ihres Kindes fest und fauchte noch einmal mit einem Katzenbuckel. Dann trippelte sie ein paar schnelle Schritte von den Menschen weg und die restlichen Babys tapsten hinter her, schienen aber nicht so richtig begriffen zu haben, dass ihnen von nun an ein Geschwisterchen fehlen würde. Kají, der da so komisch am Boden hockte, war immerhin auch noch interessant. Levester richtete sich wieder auf.

Sie war einfach nur wie versteinert. Ihr Blick, der zuvor noch verzweifelt Hilfe bei den anderen Vieren gesucht hatte, lag nun wieder auf dem toten und leblosen Uyrak. Sie war eine absolut brutal meuchelnde Mörderin, die unschuldige absolut lebensfrohe Katzenbabys abschlachtete. Obwohl sie ihr nichts getan hatten. Sie war so...herzlos. Böse. Schlecht. Rücksichtslos. Abartig. Gemeingefährlich. Boshaft. Bestialisch. Grausam. Unmenschlich! Einfach zu gefährlich für diese Welt. Egal was sie tat, sie machte es falsch. Sie hätte heulen können. Ihre Augen waren ja schon tränenerfüllt, doch noch konnte sie sich zurückhalten. Schniefend beobachtete sie Yukí, die das selbe versuchte wie sie es gerade hatte. Doch das Kätzchen "wollte" einfach nicht mehr leben. Es konnte nicht mehr - Weil sie es umgebracht hatte. Auch ihre hysterische Schreiattacke nach Levi brachte nichts. Es würde nicht klappen, es war tot. Sie war so schändlich, sie schämte sich so. Und es tat ihr so furchtbar leid.
Auch Levi konnte nichts mehr tun, was er auch noch sprachlich feststellte. Ihr wurde das Kätzchen aus der Hand genommen, und sie - versteinerte Schockstarre - konnte sich nicht mal dagegen wehren, sondern ließ es sich aus der Hand nehmen. Doch ihre Hände sinken lassen konnte sie auch nicht. Es war seltsam wie sie da so stand, als ob sie eine Katze in Händen halten würde, aber da war nunmal keine Katze - Levi hatte sie ja nun. Ihr Blick glitt nach unten, wo die anderen kleinen Tierchen, und auch eine große sich versammelt hatten. Das sie angefaucht wurde, das geschah ihr nur recht. Sie hatten absolut Recht sie zu hassen, sie hasste sich ja selbst dafür. Denn sie war: Herzlos. Böse. Schlecht. Rücksichtslos. Abartig. Gemeingefährlich. Boshaft. Bestialisch. Grausam. Unmenschlich!
Karyu und ihre Kindern verschwanden dann auch ganz schnell. Ja, das war wahrscheinlich auch besser so. Sonst würde die Dunkelhaarige sonst noch was mit den anderen Tierchen anstellen. Sie war unfähig! Sie konnte nichts, nur morden. Sie war eine Mörderin.

Fassungslos blickte sie sich auf die leeren Hände, die immer noch eine imaginäre Katze festhielten und starrte dann Yukí an.

"Ich bin eine Mörderin." ,

hauchte sie ihr, mit seltsam leerem Gesichtsausdruck zu.

Vorsichtig hob Kají den Blick, als Yukí an ihm vorbei zu Faite stürmte. Er hatte ihre Entschuldigung nicht mal richtig wahrgenommen. Ehrlich gesagt waren die Schmerzen in seinen Handgelenken und der Brust auch grade ziemlich in den Hintergrund gerückt. Yukí rief nach Levi, doch auch der konnte nur noch den Tod des kleinen Tierchens feststellen. Und er saß nur dumm herum. Wieder ein Toter mehr, den dieses Schiff zu verzeichnen hatte. Er biss sich leicht auf die Lippen. Doch dieses Mal war jemand Unschuldiges gestorben. Ein kleines Kätzchen, das leider etwas unglücklich gefallen war. Aus Faites Arm.
Kají zuckte zusammen und nahm seinen Arm schnell weg, als eines der kleinen, übrigen Kätzchen an seinem Arm entlang strich. Ein seltsam klammes Gefühl machte sich in ihm breit, ein fernes Gefühl, aus früher Kindheit, irgendwo her. Seine meergrünen Augen huschten zu Faite, die einfach nur erstarrt dort stand. Und dann sagte sie, dass sie eine Mörderin sei. Irgendwie schnitt ihm diese Aussage tief in die Brust. Vor allem sie so zu sehen, wieder einmal, tat weh. Kají erhob sich, trat zur Gruppe hinzu und blieb seitlich von Faite stehen. Er wollte sie irgendwie trösten, aber grade er war doch wohl derjenige, der das am Wenigsten konnte. Er wollte ihr die Hand auf die Schulter legen, aber Levester und Yukí standen ja noch dabei. Doch schon in der nächsten Sekunde befand der Rothaarige dies für so furchtbar unwichtig grade. Trotzdem nur sehr zaghaft legte er seine Hand auf ihre Schulter und drückte diese ganz leicht, kaum merkbar.

„Du bist keine Mörderin … Das … war ja keine Absicht.“

Er biss sich leicht auf die Unterlippe. Auch dieser Kommentar half ihr wahrscheinlich grade herzlich wenig.

Noch immer ein wenig ungläubig betrachtete Yukí Faites Gesicht. Sie hatte aufgegeben, man konnte wohl nichts mehr tun. Das arme, arme Kätzchen. Aber Faite tat ihr auch Leid.. sie konnte sich nur vorstellen, wie ihre Freundin sich fühlte. Ein wenig unsicher spielte die Braunhaarige an ihrer Kette herum, wusste nicht so wirklich wohin mit ihren Händen. Was sollte sie tröstendes sagen? „Das passiert schon Mal“? Nein, das war eindeutig nicht gut. Sie seufzte, blickte die Schwarzhaarige an, als sie ihr weniger schöne Worte entgegen hauchte. Mörderin. Und schon war ihr Freund bei ihnen und nahm Faite das kleine Baby ab. Der Schwarzhaarige bestätigte nur, was sie befürchtet, aber verdrängt hatte. Sich auf die Lippe beißend betrachtete sie das kurze Abschiednehmen der Katzen-Mama. Sie fauchte, und Faite reagierte nicht. Verständlich.. Abwechselnd sah sie von Kají, der Faite irgendwie versuchte zu trösten, und dann zu Levi, der wieder aufstand und die kleine Katze auf dem Arm hielt. Vorsichtig hob die Braunhaarige die Hand, strich dem Kätzchen über den kleinen, leblosen Kopf. Sie schluckte trocken, blickte Levi dann kurz mit feuchten Augen an und drehte sich wieder zu ihrer Freundin. Sie griff nach Faites Händen und schwenkte sie leicht hin und her.

“Mach dir keinen Kopf darüber. Guck.. Karyu hat es auch verkraftet.. Das.. geht auch vorbei.. Glaub mir..“

Ok, das war jetzt verdammt unsensibel.. aber sie hatte ja selbst Tränen in den Augen. Sie drückte Faites Hände und versuchte ein aufmunterndes Lächeln. Es wirkte bestimmt geknickt.. Aber vielleicht.. half es ja?

Es entwickelte sich mehr und mehr zum Drama. Okay, es war wirklich ziemlich scheiße, dass gleich ein Kätzchen bei der ersten Begegnung mit der Zivilisation sterben musste … aber nun leider nicht mehr zu ändern. Das hätte jedem von ihnen passieren können. Eine verzwickte Situation, die sich schließlich durch eine Kette ergeben hatte. Aber das war wirklich kein Mord.
Kají hatte sich auch zu ihnen getraut und vielleicht war das ganz gut so. Das er sogar eine Hand auf die Schulter der Schwarzhaarigen legte, war immerhin auch ein Fortschritt. Seine Worte … gut, darüber ließ sich nun streiten, wie tröstlich diese waren. Sein Blick huschte zu Yukí. Vielleicht etwas tröstlicher als ihre Worte, die nun wirklich nicht ganz glücklich gewählt waren. Er haute da jetzt besser nicht auch noch einen drauf. Levester sah wieder auf das kleine, leblose Kätzchen in seinen Armen. Ein weiterer Kandidat fürs Meer, wohl oder übel. Aber es brachte auch nichts, wenn sie das Tier jetzt hier irgendwo ließen. Seufzend wandte er sich der Reling zu, trat ein paar Schritte nach vorne, ließ das Kätzchen langsam sinken und schließlich fallen. Mehr konnten sie wirklich nicht tun. Er drehte sich wieder um, lehnte sich mit dem Rücken nach hinten und schwieg.

Wenn sie ihre Augen schloss, dann konnte sie die dunkelblauen Katzenbaby-Augen des Kätzchen sehen, dass sich vor ein paar Minuten noch munter und unglaublich putzig in ihren Händen aufgehalten hatte. Aber... es war kaputt gegangen. In ihren Händen. Sie hatte es zerstört, ein unschuldiges Leben zerstört.
Dass selbst Kají nun kam, um irgend etwas zu sagen hätte sie wirklich gefreut, wenn der Umstand nicht so schrecklich gewesen wäre. Seine Hand, die sonst so warmes Kribbeln in ihr verursachte, konnte jetzt nur ein leichtes brennen erzeugen, so als ob er sie anklagen würde. Obwohl seine Worte wohl etwas anderes meinten. Sie war keine Mörderin? Sie hatte Uyrak umgebracht. Das war Mord. Also war sie die Mörderin. Punkt, aus, Ende. Das stand für sie fest, und das würde keiner mehr aus ihren Gedanken löschen können. Yukís Worte waren auch kaum besser. Auch nicht die Geste mit den Händen. Irgendwie war nichts Trost genug, dafür, dass es ein Leben weniger auf diesem Planeten gab. Jetzt würde sie ohnehin keiner trösten können, egal was sie alle sagte, es würde eh falsch sein.

"Keine Absicht... Das geht vorbei...",

wiederholte sie nur tonlos die Worte, die die beiden Árashis ihr gesagt hatten und glaubte aber keinen Satz davon. Nur aus den Augenwinkeln konnte sie Levi dabei beobachten, wie er das Baby vorsichtig über Bord gehen ließ. In die ewigen Weiten des Meeres. Ihre Augen, ohnehin schon wässrig, wurden noch feuchter, und bevor sie drohte in Tränen auszubrechen, befreite sie sich aus der Umklammerung der Hände von Yukí, und ließ sich langsam sinken. Ging in die Hocke, legte ihr Gesicht auf die Knie und legte ihre Arme um ihr Gesicht. Wenigstens konnte so niemand sehen, dass sie weinte. Um das arme Kätzchen. Ihre Stimme war seltsam gedämpft als sie sprach, und besaß einen leicht wimmernden Unterton.

"Wenigstens ging's schne-..."

Doch ihre Stimme versagte ihr, und sie schluchzte einmal kurz auf. Sie war am Boden zerstört. Das hatte sie doch gar nicht gewollt. Das arme Kätzchen. Armes Uyrak.

Auch Yukí versuchte Faite irgendwie zu trösten und Kají hatte das Gefühl, als würde es nicht viel helfen. Wahrscheinlich konnte das grade gar nichts. Und auch er war unfähig. Wie immer eigentlich. So bald es ernst wurde, war er wieder zu nichts zu gebrauchen. Seine Augen huschten zu Levi, der nichts sagte, sondern das kleine, tote Kätzchen zur Reling brachte und dem Meer übergab. Kají seufzte leise und spürte dann wie Faites Schulter unter seiner Hand weg glitt. Zuerst fürchtete er fast, dass sie umkippen würde und machte eine Bewegung, als wolle er sie festhalten. Aber sie hockte sich von selbst hin. Die Hand des Rothaarigen sank wieder an seine Seite und er sah die Schwarzhaarige still an. Er konnte nichts tun, ihr da nicht helfen. Irgendwie hätte er sie gerne in den Arm genommen, aber hierfür war er einfach wieder mal zu feige. Unverbesserlich, eigentlich ziemlich bemitleidenswert. Der Rothaarige stand einfach nur da, irgendwie neben ihr, während sie kurz davor stand zu weinen. Vielleicht tat sie es auch schon. Beschämend.

Ok, es half nicht. Und sie war sich auch nicht sicher, ob sie die kleinen Katzen nun da behalten wollte.. Faite würde sich sicher immer wieder daran erinnern.. hmm.. Jetzt zumindest sah sie noch sehr.. unbegeistert aus. Aber was erwartete sie? Die Schwarzhaarige wiederholte nur Kajís und ihre Wirte, gab sonst nichts von sich. Langsam wandte sie den Blick zu Levi herum, beobachtete mit einem Stechen im Herzen, wie ihr Freund das kleine Kätzchen dorthin gab, wo schon zwei andere ihr endgültiges Grab gefunden hatten. Nur, dass es jetzt eine ganz andere Situation war. Kein Vater, kein dämlicher Freak. Ein Kätzchen. Sie spürte nur, wie ihre Hände losgelassen wurden, blickte dann zu Faite, die nun auf dem Boden hockte und noch viel unglücklicher wirkte. Sie verstand das.. aber sie wusste nichts zu tun. Sie war nicht wirklich gut im Aufmuntern.. war sie noch nie gewesen. Und ihr Bruder stand auch nur da. Yukí hockte sich nach unten, legte die Arme um ihre Freundin und drückte sie locker an sich. Vielleicht war das ja tröstender.. als das, was sie eben von sich gegeben hatte. Einige Herzschläge vergingen, Yukí strich der Schwarzhaarigen noch kurz über die Haare, erhob sich dann wieder. Ein kurzer Blick in die Augen ihres Bruder, ein vorsichtiges Lächeln. Es tat ihr Leid.. aber das hatte sie ihm ja schon gesagt. Wann war endlich mal wieder ein normaler Tag?
Mit einem Seufzen wandte Yukí sich ab, trat nun zu ihrem Freund und lehnte den Kopf kurz gegen seine Brust, versteckte das Gesicht in der Jacke.

“Kommst du mit? Ich geh was zu essen machen..“

Sie wollte sich jetzt ablenken. Faite konnte sie wohl eh nicht trösten.